Der streit um die willensfrage ist ja uralt, er wurde schon in der antike von philosophen und im mittelalter von den theologen geführt. seit der mensch weiß, dass er zum denken fähig ist, denkt er über sich nach.
ich bin heute erst über libets experiment und seine resultaten gestolpert, er hat ja versucht, den sitz der willensbildung in unserem gehirn zu orten, denn ein freier wille war für ihn selbstverständlich. doch die ergebnisse waren sonderbar, denn es legte den schluss nahe, dass es vielleicht gar keinen freien willen gibt. wenn jedem bewusstsein unbewusste prozesse vorausgehen, sind wir zu der schlussfolgerung gezwungen, dass diese eine vorherrschende rolle bei der erzeugung unseres bewussten lebens spielen und dass eine ubewusste einleitung eines willensaktes die rolle der willensfreiheit zu beschränken scheint.
an welcher stelle sich der freie wille in die hirnphysiologischen vorgänge einmischt, hat kein forscher bis heute nachweisen können. dass er es tut, steht für die meisten aber außer frage.
Prof. roth sagt ja: "wir tun nicht, was wir wollen, sondern wir wollen was wir tun. der freie wille werde zwar als realität erlebt, aber er ist eine illusion. Man kann aus dem empfinden von freiheit nicht deren existenz ableiten."
laut roth befindet sich das bewusstsein in der großhirnrinde, wo die 40 000 nervenzellen informationen aus anderen hirnarealen beziehen. dieses volumen macht es offenbar möglich, dass unsere wahrnehmung ein zweites mal überprüft wird (was anscheinend der einzige grundsätzliche unterschied zwischen dem gehirn des menschen und dem anderer säugetiere ist).
die welt entstehe durch beschreibungen von beschreibungen in unserem kopf, und die bilder, die uns unser hirn übermittelt stimmen nicht unbedingt mit der physikalischen realität überein.
das bewusstsein, das im takt von einer bis drei sekunden (solange dauert ein gedanke oder eine vorstellung) hat wenig bis gar keine einsicht in das, was unseren wünschen, plänen und handlungsabsichten zugrunde liegt.
das limbische system (der älteste teil unseres gehirns) hat den direkten zugriff auf die teile des gehirns, die das handeln bestimmen, es hat also das letzte wort.
hirnforscher vermuten, dass es nicht nur ein bewusstsein gibt, sondern ein bündel verschiedener zustände, die sich im aktualbewusstsein abspielen oder im hintergrundbewusstsein, wo das erleben der eigenen identität angesiedelt ist.
es gibt menschen, bei denen ist eines von beiden gestört, das andere normal. diese menschen glauben zum beispiel, mehr als eine person oder an mehreren orten gleichzeitig zu sein oder von fremden mächten bestimmt zu werden. schon ein leichter schlaganfall kann dazu führen, dass man nicht mehr weiß wer man ist.
wer trägt nun die verantwortung für unser handeln? heißt das, wir sind nicht verantwortlich für unser handeln, tragen keine schuld an fehlverhalten und vergehen? Prof. Wolf Singer sagt NEIN. die gesellschaft müsse reagieren und sich schützen, indem sie den freiraum antisozialer personen eingrenzt und zudem schulungs- oder therapieprogramme anwendet. Wenn wir den gedanken der Nicht-freiheit akzeptieren würden, könnten wir eine verständnisvollere gesellschaft werden. statt strafe solle also änderung das ziel sein. wären straftaten nun also entschuldbar, weil wir laut roth, libet usw keinen freien willen haben, sondern unser gehirn uns steuert und nicht umgekehrt?
tja, freier wille, ein heikles thema - wird denke ich trotz der überzeugung der hirnforscher, dass der freie wille nur vorgegaukelt ist, immer ein heikles thema ohne übereinstimmungen bleiben.