Ich bin Alkoholiker, heute trocken und Suchtkrankenhelfer bei der Deutschen Bahn.
In der Liste der Gefährlichkeit von Drogen liegt Alkohol auf Platz 5. Die Ränge 1-4 belegen Heroin, Kokain, Barbiturate (das sind starke Beruhigungsmittel) und Methadon (bekannte als H-Ersatzdroge, wird aber auch inzwischen illegal vertickt).
Kinder und Jugendliche kommen überall an Alk ran, weil Wein, Bier und Schnaps Teil des Erwachsenwerdens ist und deren Gebrauch als Initiationsritus gesehen wird.
"Ist ja schon groß, der Junge, na heute darf er mal." Da schwellt die halbwüchsige Brust vor Stolz.
Oft wird nach dem Grund gefragt, der ist sehr einfach. Der Alkoholiker trinkt, weil er süchtig ist. Alles andere ist Qutsch.
Wer meint, dass er wegen irgendwelcher Probleme saufen würde, lügt sich in die eigene Tasche, denn er löst sie ja nicht, er drückt sich davor,sie anzugehen.
Viele werden sich fragen, ab wann man Alkoholiker ist und möchten gern eine Mengenangabe hören. Die gibt es aber nicht, man ist abhängig, sobald man die Kontrolle über das Suchtmittel verliert und nicht mehr frei entscheiden kann. Als Richtlinie kann man sagen, wenn ihr von etwas acht Wochen lang die Finger lassen könnt, ohne es zu vermissen, dann ist alles in Ordnung.
Gibt es ehemalige Alkoholiker? Nein, die gibt es nicht. Sie können trocken leben, aber nie geheilt werden. Stellt euch das wie eine alte Wanduhr vor, bei der man das Pendel anhält. Dann steht die Uhr und läuft nicht weiter. Sobald das Pendel wieder angestoßen wird, fängt das Ding wieder an zu ticken. Sie fängt nicht bei Null an, sondern macht dort weiter, wo sie aufgehört hat.
Wenn ich heute der Meinung wäre, ich könnte beim Italiener ein Glas Wein zum Essen trinken, wäre ich nach drei Stunden voll wie ein Eimer, weil ich nicht mehr aufhören kann. Da ich das weiß, tue ich es nicht.
Oft werde ich gefragt, wieviel ich persönlich getrunken habe. Das war ein Tagesstandard von drei Litern Bier. Auf diese Antwort gibt es für gewöhnlich zwei Reaktionen:
- Boah! Das würde ich nicht überleben!
- Was? Und mit der Pfütze willst du 'n Alki sein?
Wie gesagt, es hängt nicht von der Menge ab und das Maß variierte auch stark. Meistens nach oben.
Wie kann man seine Kinder vom Saufen abhalten? Eigentlich gar nicht. Man kann nur hoffen, dass es nur eine Phase des Austestens ist. Vorher kann man nämlich nicht sagen, wer das Zeug zum Abängigen hat, da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Vor allem natürlich das Umfeld. Kein Suchtmittel wird in der Gesellschaft mehr faforisiert und kulturell eingebunden. Wenn jemand lallt und torkelt würde kaum jemand auf die Idee kommen, dies als eine Vergiftung zu deuten, aber genau das ist es.
Wie gefährlich ist Alkoholismus? Wenn die Krankheit nicht gestoppt wird, endet sie mit dem Tod des Alkoholikers.
Wie kann ich meinem Vater/Bruder/Mutter/Freund/Tante/Opa helfen? Wenn er oder sie nicht selber zu der Einsicht kommt, dass sich was ändern muss, dann gr nicht. Man kann niemand gegen seinen Willen trocken legen.
Grüße von Oliver.