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die USA - das neue Römische Reich?

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Amerika: Imperium wie im Alten Rom?

Das Parlamentsgebäude nennt sich "Capitol", die höhere Kammer "Senat": Schon in Äußerlichkeiten beziehen sich die USA politisch gerne auf das "Alte Rom". Den Parallelen und Unterschieden der beiden einzigen Weltmächte ihrer Zeit geht ein kürzlich erschienenes Buch nach - es hält ein Imperium nach antikem Vorbild in der Gegenwart für eher unwahrscheinlich.

Wider Willen hegemonial

Das Fazit von Peter Benders "Weltmacht Amerika - Das Neue Rom": Beide Länder seien wider Willen hegemonial geworden.

Ursprünglich auf ihre geographisch vorgegebenes Insel-Dasein beschränkt, haben sie ihre Isolation im Lauf der Geschichte überwunden - ohne dass es dazu eine langfristige Strategie gegeben hätte.

Musterbeispiel vergleichender Politikwissenschaft
Der Autor Peter Bender - Altgeschichtler und Journalist - hält den Versuch seines Vergleichs über 2.000 Jahre hinweg selbst für ein "riskantes Unternehmen". Dennoch wagt er ihn und scheitert nicht: das liegt vor allem an seiner durchgängigen Art, sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede der beiden Weltmächte zu berücksichtigen. Insofern ist ihm ein Musterbeispiel vergleichender Politikwissenschaft gelungen.

Peter Bender: Weltmacht Amerika - Das Neue Rom. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2003. 295 S., 20,10 Euro

Urerfahrung: Insulare Sicherheit

Am Beginn der Entwicklung von Rom und den Vereinigten Staaten sei ein Gefühl "insularer Sicherheit" gewesen, so Bender. Die Anstrengungen hätten sich über Jahrzehnte hinweg auf die Unterwerfung, Eroberung oder Sicherung von Italien auf der einen Seite, vom nordamerikanischen Kontinent auf der anderen gerichtet.

Diese "sicherheitspolitische Urerfahrung" prägte auch die Einstellung in der Zeit danach, denn "Insulaner sind Isolationisten", wie Bender schreibt - "Meere schützen nicht nur, sie trennen auch". Vor den großen Seefahrermächten der Antike im Falle der Römer oder vor den imperialistischen Mächten Europas im Falle der USA.

Kriege fern der Insel beendeten Isolation

Die einschneidenden Ereignisse, die diesen tendenziell defensiven Charakter der Selbstbeschränkung beendeten, seien Kriege gewesen: gegen Karthago bzw. die beiden Weltkriege - jeweils ausgetragen in Regionen fern der "eigenen Insel".

Beide seien nicht beabsichtigt gewesen: "Ohne es zu wollen, kamen die Römer in den Kampf mit Karthago und die Amerikaner in den Kampf mit Deutschland". Die Kriege selbst seien unvergleichbar gewesen, so Bender. Für die unterschiedlichen Vorgeschichten sei auf Benders Buch verwiesen.

Auch Wunsch nach Neutralität nützte nichts
Trotz ihres Grundsatzes "mit allen Handel zu treiben, aber sich in keine politischen Bündnisse zu begeben" - seien die USA in den Ersten Weltkrieg geschlittert. Und selbst zu Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 seien 84 Prozent der Amerikaner gegen eine Involvierung ihres Landes gewesen, zwei Jahre zuvor waren strenge Neutralitätsgesetze beschlossen worden.

Übrig gebliebene Weltmächte, leicht neurotisch

Das Ende vom Lied: Rom und die USA wurden zu führenden Weltmächten, nach dem Untergang ihrer Widersacher - Makedoniens und Syriens bzw. der Sowjetunion - zu den einzigen.

Spätestens ab diesen Zeitpunkten aber (190 v. Chr. bzw. 1991 n. Chr.) sei aus der Sicherheitspolitik Machtpolitik geworden - und die "Riesen" hätten neurotische Züge angenommen, mögliche Gefahren für die Sicherheit der Länder seien vor allem eingebildet gewesen, so Bender.

Cato und Bush
Um die Hysterie der Historie zu belegen, zitiert Bender emblematisch Marcus Portius Cato ("Im übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss") und George W. Bush ("Ich versichere ihnen, ... wir werden kein anderes Ergebnis annehmen als den Sieg").

Wie geht es weiter?

Ein derartiges Buch kann nicht schließen, ohne einen Ausblick in die Zukunft der USA zu wagen, auch wenn "Prophezeiungen nicht Sache des Historikers sind", wie Bender bemerkt. Das Schicksal Roms - der Untergang des Westreichs nach den Wirrungen der Völkerwanderung, der Fortbestand Ostroms bis ins Mittelalter - ist bekannt.

Bleibt Amerika "Primus inter pares", Ordnungsmacht und führendes Land jener so genannten westlichen Zivilisation, deren Mitglieder durch gemeinsame Werte - und nicht zuletzt durch ihre Ökonomie - verbunden sind? Oder aber verstärkt sich der Eindruck jener, die im Irak-Krieg u.a. eine Stärkung imperialer oder imperialistischer Tendenzen sehen - vergleichbar dem Beginn des römischen "Weltreichs"?

USA und Europa gemeinsam gegen "andere Kulturen"

Die Antwort Benders: Zwar sei Amerika heute zweifellos die hegemoniale Macht der Welt, eine "Pax Americana" habe aber "nicht Aussicht auf Jahrhunderte langen Bestand wie die Pax Romana".

Entscheidend bleibe das Verhältnis zu den Europäern. Denn diese seien durchaus mit den Griechen der Antike zu vergleichen: Für US-Amerikaner bzw. Römer sind/waren sie ambivalente Vorbilder - ohne politische Gemeinsamkeit, Jahrhunderte lang durch Kriege zerstritten, aber doch kulturell und geistige Ahnen.

Der unkonkrete, aber in seiner Animosität klare Schluss von Bender: Gefordert sei in Zukunft eine stärkere Betonung der Verwandtschaft Europas und Amerikas, um die "Zivilisation des Abendlandes" gegen "andere Kulturen" zu schützen und bewahren.

Weitere Vergleichsfelder offen

Was neben der Schlichtheit dieses Schlusses noch Schade ist: Bender vergleicht das tatsächliche und das mögliche Empire vor allem im Ablauf kriegerischer Auseinandersetzungen und den Plänen ihrer strategisch denkenden Eliten.

Mentalitätsgeschichte, Diskursanalysen, Kulturstudien und anderes spielen dabei vergleichsweise keine Rolle - was aber wohl Aufgabe für ein weiteres, ein anderes Buchprojekt wäre: Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut.

quelle: science.ORF.at
 
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